Bundeskartellamt genehmigt Einkaufsgesellschaft von Warsteiner und Karlsberg – Bedeutung für die Schweiz

Bundeskartellamt genehmigt Einkaufsgesellschaft von Warsteiner und Karlsberg – Bedeutung für die Schweiz

Am 14. Dezember 2022 erteilte das Bundeskartellamt die Freigabe für die Gründung einer Einkaufsgemeinschaft durch die bekannten Brauereien Warsteiner und Karlsberg. Es sah das Vorhaben in fusions- und verhaltenskontrollrechtlicher Hinsicht als unbedenklich an. Dieser Entscheid des Bundeskartellamts ist auch für die Schweiz von Relevanz.

Hintergrund

Die Warsteiner Brauerei Haus Cramer KG (Warsteiner) und die Karlsberg Holding GmbH (Karlsberg) sind in der Produktion und dem Vertrieb von Bier sowie Biermischgetränken tätig. Dabei vertreibt Karlsberg auch in relevantem Umfang Mineralwasser und andere nicht-alkoholische Getränke an Standorten in Nordrhein-Westfalen, Südwestdeutschland und Bayern. Sie zählen als Mittelständler beide zu den grösseren Brauereien in Deutschland – allerdings nicht zu den ganz grossen. Mit der Einkaufskooperation wollen Warsteiner und Karlsberg Aktivitäten im Einkauf bündeln.

Einschätzung des Bundeskartellamts

Das Bundeskartellamt prüfte das Vorhaben sowohl mit Blick auf die relevanten Absatz- als auch Beschaffungsmärkte. Da in den Märkten für Bier und für nicht-alkoholische Kaltgetränke neben Warsteiner und Karlsberg noch weitere grössere Wettbewerber aktiv sind, die kumulierten Marktanteile nicht in einem problematischen Bereich liegen und auch anderweitig keine kartellrechtlichen Probleme ersichtlich sind, sei die Einkaufskooperation nach Einschätzung des Bundeskartellamts wettbewerbsrechtlich unbedenklich. Das Bundeskartellamt behielt sich bei einer Erweiterung der Einkaufsgesellschaft um weitere Gesellschafter jedoch vor, das Vorhaben erneut auf seine Zulässigkeit unter dem Kartellverbot und ggf. den fusionskontrollrechtlichen Bestimmungen zu prüfen.

Würdigung und weitere Informationen

Der Entscheid des Bundeskartellamts ist auch für die Schweiz relevant. Er ruft in Erinnerung, dass Einkaufskooperationen auch nach Massgabe des strengen deutschen Wettbewerbsrechts unbedenklich sein können.

Dies ist unseres Erachtens zu begrüssen, bezwecken und bewirken Einkaufsgesellschaften sowie vergleichbare horizontale Kooperationen doch innerhalb gewisser Schranken regelmässig einen wettbewerbsfördernden Effekt, insbesondere tiefere Einkaufs- und, in der Folge, auch Verkaufspreise. Unter dem Schweizer Kartellgesetz (KG) dürften diese daher schon nicht einmal als Wettbewerbsabreden qualifizieren. Dass bei begrenzter Marktposition von Beteiligten einer Einkaufskooperation wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen unwahrscheinlich sind, ist grundsätzlich unbestritten. Dieser Grundsatz fand insbesondere Niederschlag in den relevanten Regularien der Europäischen Union (EU), insbesondere den Horizontalleitlinien der Europäischen Kommission. Dies wurde auch im Expertenbericht (auf Englisch) von Richard Whish und David Bailey zu den Horizontalleitlinien bestätigt, der einen guten Überblick über die Thematik und Praxis gibt. Darin wird bestätigt, dass Einkaufskooperationen regelmässig keine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken. Übermässig strenge Massstäbe für solche Kooperationen könnten wettbewerbs- und innovationshemmend sein, da Unternehmen aus Angst vor Sanktionen auf wünschenswerte Kollaborationen verzichten würden. Eine derartige Überregulierung liefe auch den Zielen des Wettbewerbsrechts entgegen.

Bislang gibt es in der Schweiz kaum relevante Praxis zu Einkaufsgesellschaften. Die Beratungspraxis des Sekretariats der Schweizer Wettbewerbskommission zeichnet kein klares und mit den EU-Regularien konsistentes Bild der Kriterien für die Zulässigkeit von Einkaufskooperationen.

Die Motionen Français und Wicki zeigen denn auch ein wachsendes Unbehagen in der Schweizer Politik, dass unproblematische oder sogar begrüssenswerte Verhaltensweisen aufgrund einer zu weitgehenden und formalistischen Praxis unzulässig sein und sogar zu direkten Geldbussen führen können. Im Dienste der Rechtssicherheit und zur Förderung von Wettbewerb und Innovation in der Schweiz wäre es begrüssenswert, wenn die Schweizer Wettbewerbsbehörden bezüglich des gemeinsamen Einkaufs und vergleichbaren Kooperationen bald einen Leitentscheid erlassen würden, der materiell mit den entsprechenden Regeln in der EU im Einklang steht.

Die Pressemitteilung des Bundeskartellamts finden Sie hier.

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