BVGer bestätigt WEKO-Sanktion im Automobilleasing-Fall

Mit Urteil vom 6. Oktober 2025 hat das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) die
Beschwerde der Ford Credit (Switzerland) GmbH gegen die WEKO-Verfügung vom Mai
2021 abgewiesen. Es bestätigt damit eine Busse von knapp CHF 7,8 Mio. wegen
Preisabreden im Bereich Automobilleasing. Das Urteil äussert sich zu wichtigen Fragen
betreffend Informationsaustausch und Sanktionsbemessung.

Hintergrund

Basierend auf einer Selbstanzeige eröffnete die WEKO 2013 ein Verfahren gegen neun
Leasinggesellschaften verschiedener Autohersteller. Gemäss WEKO tauschten diese an
sog. Captive-Meetings, per E-Mail oder Team-Space ab 2006 für mehre Jahre regelmässig
sensible Daten aus – etwa zu Zinssätzen, Restwerten, Promotionen und Gebühren.
Während acht Unternehmen die Untersuchung mit einvernehmlichen Regelungen
abschlossen, erhob Ford Credit Beschwerde.

Erwägungen

Das BVGer bestätigte, dass der Informationsaustausch als abgestimmte Verhaltensweise
gemäss Art. 4 Abs. 1 KG und bezweckte Preisabrede nach Art. 5 Abs. 3 lit. a KG qualifiziert.
Als entscheidend erachtete es, dass der Austausch geeignet war, die Marktunsicherheit zu
beseitigen und eine künstliche Transparenz zu schaffen.
Obwohl Informationsaustausche gemäss BVGer regelmässig – so auch im zu beurteilenden
Fall – einer komplexen Einzelfallbeurteilung bedürfen, sei ein Nachweis tatsächlichen
Gleichverhaltens oder effektiver Marktwirkungen nicht erforderlich. Die
Vermutungstatbestände gemäss Art. 5 Abs. 3 und 4 KG würden im Grundsatz abstrakte
Gefährdungstatbestände darstellen, denen bereits eine allgemeingültige
Schädigungstheorie zugrunde liege. Schliesslich wies das BVGer auch die Rügen zur
Sanktionsberechnung ab.

Würdigung

Das Urteil bestätigt die strenge Praxis und weite Auslegung der Vermutungstatbestände
durch die Schweizer Wettbewerbsbehörden und Gerichte – und wirft zugleich neue Fragen
zu deren Reichweite auf. Es verdeutlicht eine zunehmende Abweichung von der EU-
Rechtsprechung, wonach Object Restrictions eng auszulegen und immer unter
Berücksichtigung des gesamten wirtschaftlichen und rechtlichen Kontextes im Einzelfall zu
prüfen sind (vgl. neben dem vom BVGer zitierten Urteil Generics, Rs. C-307/18, insb. das
EuGH-Urteil i.S. Super Bock, Rs. C ‑ 211/22).
In den Art. 5 Abs. 3 und 4 KG abstrakte Gefährdungsdelikte zu sehen, verkürzt das Konzept
der Schädigungstheorie unseres Erachtens auf fragwürdige Weise. Konsistent mit dem EU-
Wettbewerbsrecht sind die Vermutungstatbestände eng auszulegen und es ist im konkreten
Einzelfall zu prüfen, ob sich die zugrunde liegende Schädigungstheorie verwirklicht hat. Ob
dies am Ergebnis des vorliegenden Einzelfalls etwas geändert hätte, können wir nicht
beurteilen.

In der Schweiz tätige Unternehmen sollten Informationsaustausche, Branchenmeetings und
Datenkooperationen kritisch prüfen und kartellrechtlich begleiten lassen.

Das Urteil des BVGer finden Sie hier.

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